Von: Dr. Bert Howald 7. April 2020

Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald aus Stuttgart beantwortet im Folgenden einige häufig gestellte Fragen zum Kurzarbeitergeld

Was ist Kurzarbeitergeld?

Kurzarbeitergeld ist eine Lohnersatzleistung, die vom Arbeitgeber bei den Agenturen für Arbeit für die betroffenen Arbeitnehmer beantragt werden muss.

In welchen Fällen wird Kurzarbeitergeld gewährt?

Gemäß §§ 95 ff. des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) wird Kurzarbeitergeld gewährt, wenn ein „erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall“ vorliegt, die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit „angezeigt“ worden ist.

Welche Bedeutung hat die Anzeige des Arbeitsausfalls?

Die Anzeige hat zentrale Bedeutung für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes. Kurzarbeitergeld wird nämlich frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Beruht der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis, gilt die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich erstattet worden ist.

Wie hoch ist eigentlich das Kurzarbeitergeld?

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes variiert, je nach Unterhaltspflichten: mit Kindern 67% der Nettoentgeltdifferenz, ohne Kinder 60% der Nettoentgeltdifferenz.

Wie muss ein Betrieb zugeschnitten sein, der Kurzarbeitergeld beantragt?

Die betrieblichen bzw. persönlichen Voraussetzungen liegen bereits bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers vor, solange die Beschäftigungsverhältnisse nicht gekündigt sind.

Wann ist ein Arbeitsausfall „erheblich“?

Der Arbeitsausfall muss erheblich sein. Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er

–          auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,

–          vorübergehend ist,

–          nicht vermeidbar ist und

–          im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist; der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen.

Ein unabwendbares Ereignis liegt auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind. Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt insbesondere ein Arbeitsausfall, der durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder durch die Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann.

Dazu sind die neuesten gesetzgeberischen und Verordnungsaktivitäten ganz wichtig. Aufgrund der Änderungen durch das „Gesetz vom 13.03.2020 zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ sind die Anforderungen hier gelockert worden. Die Regelungen zur Erheblichkeit des Arbeitsausfalls wurden vor einigen Tagen im Schnelldurchlauf gelockert:

https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/custom/app/pdf.xqy?ident=51b5581b0eb0a3baba6b11fa36a6db3386cc1cde&timestamp=20200319130254&version=2.2&documentId=447644

Dort wird die Bundesregierung „ermächtigt, für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt durch Rechtsverordnung, … abweichend von § 96 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 (SGB III) den Anteil der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, die vom Entgeltausfall betroffen sein müssen, auf bis zu 10 Prozent herabzusetzen und abweichend von § 96 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit vollständig oder teilweise zu verzichten sowie eine vollständige oder teilweise Erstattung der von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträgen zur Sozialversicherung für Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, einzuführen. …“

Die Bundesregierung hat hierzu eine Rechtsverordnung erlassen, die genau dies beinhaltet (Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverordnung – KugV) vom 25.03.2020).

Fundstelle: BGBl. (Bundesgesetzblatt) 2020 Teil I, v. 27.03.2020, Seite 595 ff.

Dazu die Bundesagentur:

„Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden. Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird. …“

https://www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus

Wie muss eine Anzeige von Arbeitsausfall aussehen?

Der Arbeitsausfall ist vom Arbeitgeber bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Mit der Anzeige ist „glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind“. Die Agentur für Arbeit hat der oder dem Anzeigenden unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob auf Grund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Um die Anzeige des Arbeitsausfalls vorbereiten zu können, kann ggf. anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Dr. Bert Howald
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Kategorie: Arbeitsrecht