Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten und bringt weitreichende und grundlegende Änderungen für Personengesellschaften, insbesondere Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), mit sich. Die bedeutendsten Neuerungen werden im vorliegenden Beitrag überblicksartig dargestellt:
- Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR: Eine Eintragung in das Gesellschaftsregister ist zwar freiwillig, aber in bestimmten Fällen auch notwendig, z. B. im Zusammenhang mit Grundbucheintragungen. Eingetragene GbRs müssen den Zusatz „eGbR“ tragen und ihre wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister melden.
- Rechtsfähigkeit und Haftung: Die Rechtsfähigkeit der GbR wurde gesetzlich verankert, und Gesellschafter haften nun ausdrücklich kraft Gesetzes persönlich und unmittelbar für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Sie wird als eigenständiges Rechtssubjekt mit eigenem Gesellschaftsvermögen anerkannt, welche aktiv am Rechtsverkehr teilnimmt. Im Unterschied dazu dient die nicht rechtsfähige Innen-GbR nur der internen Zusammenarbeit der Gesellschafter und besitzt keine eigene Rechtsfähigkeit oder Vermögen.
- Sitzwahl: Eingetragene GbRs können ihren Verwaltungssitz frei wählen, auch im Ausland.
- Sorgfalt, Stimmkraft und Ergebnisanteil: Der Maßstab für Sorgfalt und Stimmkraft wurde reformiert. Gesellschafter haften künftig auch im Innenverhältnis nach den allgemeinen Vorschriften. Der bisher geltende Maßstab der „eigenüblichen Sorgfalt“ entfällt. Künftig gilt für Gesellschafter der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB, sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis. Die Stimmkraft richtet sich nun vorrangig nach den vereinbarten Beiträgen der Gesellschafter (Geld oder Dienste). Wenn keine Vereinbarung existiert, werden Stimmkraft und Ergebnisanteil nach den Werten der eingebrachten Beiträge berechnet.
- Beschlussfassung: Die Einstimmigkeit bleibt der Standard, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag erlaubt Mehrheitsbeschlüsse. Online- und Umlaufbeschlüsse sind gesetzlich weiterhin nicht geregelt, sollten aber vertraglich festgelegt werden.
- Beschlussmängel: Das MoPeG sieht für die GbR keine spezifischen Regeln zur Anfechtung vor, aber Gesellschafter können die Anwendung der Vorschriften aus dem HGB (wie z.B. Anfechtungsfristen) im Gesellschaftsvertrag regeln.
- Ausscheiden von Gesellschaftern: Tod oder Kündigung eines Gesellschafters führt nicht mehr zur Auflösung der GbR, sondern nur zum Ausscheiden der betroffenen Person. Der ausscheidende Gesellschafter hat Anspruch auf eine angemessene Abfindung. Gesellschafter können eine unbefristete GbR mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalenderjahres kündigen, sofern im Vertrag nichts anderes vereinbart wurde.
- Auflösung der Gesellschaft nach § 729 BGB: Die GbR wird aus zwingenden Gründen aufgelöst, wie der Erreichung des Gesellschaftszwecks, dem Ablauf der vereinbarten Dauer, durch Kündigung der Gesellschaft oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Diese Gründe sind unveränderbar, jedoch können die Gesellschafter zusätzliche Auflösungsgründe vereinbaren.
- Statuswechsel und Umwandlungen: Eingetragene GbRs können leichter ihre Rechtsform wechseln oder an Umwandlungen wie Verschmelzungen oder Spaltungen teilnehmen.
Das MoPeG bringt auch wichtige Änderungen für Personenhandelsgesellschaften (oHG und KG): - Beschlussmängelrecht (§ 110 Abs. 2 HGB): Die Nichtigkeitsgründe für Gesellschafterbeschlüsse sind nun abschließend gesetzlich geregelt. Eine Anfechtung ist nur innerhalb einer Frist von drei Monaten möglich (§ 112 Abs. 1 HGB), was die Rechtssicherheit erhöht. Gesellschaftsverträge müssen an diese Änderungen angepasst werden.
- Gesellschafterversammlungen: Regelungen zur Ladung und Durchführung von Versammlungen sind unvollkommen und sollten gesellschaftsvertraglich ergänzt werden, z.B. für Online-Versammlungen.
- Kommanditgesellschaft:
o Informationsrecht: Kommanditisten erhalten ein erweitertes Auskunftsrecht, das nicht eingeschränkt werden kann.
o Haftung bei Eintritt und Sonderrechtsnachfolge: Die unbeschränkte Haftung für neue Kommanditisten bleibt bestehen, entfällt jedoch bei Anteilsübertragung.
o Simultaninsolvenz: Die Insolvenz des Komplementärs führt nicht mehr zum Ausscheiden, wenn auch die KG insolvent ist. - Einheits-KG: § 170 Abs. 2 HGB regelt nunmehr, dass Kommanditisten die Gesellschafterrechte der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH ausüben.
- Öffnung für Freiberufler: Freiberufler können nun Personenhandelsgesellschaften, wie die GmbH & Co. KG, gründen, wobei die Haftung der Kommanditisten nicht nur auf Berufsfehler beschränkt ist. Allerdings gelten für sie gewerbliche Pflichten wie Gewerbesteuer und Veröffentlichungspflichten.
Die vorbezeichneten Neuerungen betreffen nicht nur Neugründungen, sondern auch bestehende Gesellschaften, welche unbedingt überprüfen lassen sollten, ob eine nachträgliche Anpassung ihrer Gesellschaftsverträge erforderlich ist. Gerne helfen wir bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen nach dem MoPeG weiter.
Dr. Sven Bornefeld
Rechtsanwalt
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart