Neben gesellschaftsvertraglichen Regelungen geben sich viele Familienunternehmen eine sogenannte Familienverfassung oder Familiencharta.
Was ist hierunter zu verstehen? Die Familienverfassung ist ein internes Regelwerk, welches die wesentlichen Fragen des Zusammenwirkens von Familie und Unternehmen betrifft. Zugleich wird im Rahmen einer Familienverfassung regelmäßig eine Abbildung der Strategie der Unternehmerfamilie in verständlicher Sprache abgebildet. Das Hauptmotiv von Familienverfassungen liegt darin, Konfliktthemen innerhalb der Familie zu vermeiden und zugleich die Zusammengehörigkeit innerhalb der Unternehmerfamilie zu stärken.
Die Inhalte einer Familienverfassung weichen – je nach Wertvorstellungen der Unternehmerfamilie – stark voneinander ab und sind individuell auszugestalten. Die Darstellung der Willensbildung innerhalb der Familie, die Besetzung der Geschäftsleitung, die Mitarbeit von Familienmitgliedern im Unternehmen, der Abschluss von Eheverträgen, das Auftreten der Familie in der Öffentlichkeit und die Institutionalisierung eines sogenannten Familientages sind einige Beispiele aus der Praxis.
Bei der Ausgestaltung von Familienverfassungen ist zu beachten, dass regelmäßig keine rechtliche Verbindlichkeit der Regelungen gewollt ist. Trotz ausdrücklichen Hinweisen auf die rechtliche Unverbindlichkeit besteht jedoch das Risiko, dass auch aus einer unverbindlichen Familienverfassung Rücksichtnahmepflichten und Treuepflichten ausgelöst und abgeleitet werden. Dies zu vermeiden ist einer der wichtigsten Gesichtspunkte bei der Ausgestaltung entsprechender Vertragswerke.
Dr. Nikolas Hölscher
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Familienrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB Stuttgart