Von: Dr. Ralf Baur 3. April 2023

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Ralf Baur berichtet über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.01.2022 zu Schlussformulierungen in Arbeitszeugnissen (BAG v. 25.01.2022 – 9 AZR 146/21).

Worum ging es in diesem Fall?

Ein Arbeitnehmer, der als Personaldisponent bei einer Personaldienstleistung beschäftigt war, erhielt nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein Arbeitszeugnis, das nur folgenden Abschlusssatz enthielt:

„Herr … scheidet mit dem heutigen Tag aus unserem Unternehmen aus.“

Das Zeugnis enthielt die in vielen Zeugnissen üblicherweise enthaltene „Bedauerns-, Dankes- und Gute-Wünsche-Formel“ (Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn …, danken ihm für seine stets gute Mitarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg) nicht, obwohl sie von vielen Personalberatern als wichtig erachtet und deren Fehlen von vielen Arbeitgebern als Hinweis auf einen nicht einwandfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses gedeutet wird.

Der Arbeitnehmer klagte deshalb darauf, ihm ein Zeugnis zumindest mit einer Dankes- und Gute-Wünsche-Formel zu erteilen:

„Wir danken Herrn … für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die weitere berufliche und private Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg.“

Wie entscheidet das Bundesarbeitsgericht?

Das BAG hat die Klage des Arbeitnehmers auf Aufnahme einer Abschlussklausel in das Zeugnis auch letztinstanzlich abgewiesen. Das BAG hat darauf verwiesen, dass der Zeugnisanspruch auf den gesetzlichen Regelungen des § 109 GewO fußt, diese Vorschrift keine Regelung zu einer Dankes- und Wunschformel enthält und sich somit auch kein Rechtsanspruch auf eine Dankes- und Wunschformel ableiten lässt.

Es obliege allein der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG und Unternehmerfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG des Arbeitgebers, seine innere Einstellung zu dem Arbeitnehmer sowie seine Gedanken- und Gefühlswelt nicht in Form einer Abschlussklausel offenbaren zu müssen.

Das BAG erkennt zwar an, dass positive Schlusssätze geeignet sind, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen und das Zeugnis durch einen Abschlusssatz aufgewertet wird.

Die Schlussformel trage jedoch nicht zur Realisierung des gesetzlichen Zeugniszweckes bei.

Auswirkungen auf die Praxis

1.
Da auch das BAG anerkennt, dass ein Zeugnis ohne Abschlussformel die Bewerbungschancen beeinträchtigt, trotzdem jedoch ein Rechtsanspruch verneint, muss ein Arbeitnehmer im Falle eines Aufhebungsvertrags oder eines gerichtlichen Vergleichs in einem Kündigungsschutz-prozess dringend darauf achten, dass sich der Arbeitgeber zumindest vertraglich zur Erteilung einer entsprechenden Abschlussklausel im Zeugnis verpflichtet. Damit eine solche Zeugnisklausel in einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auch ausreichend bestimmt und ggf. sogar vollstreckbar ist, empfiehlt es sich dringend, in diesen Fragen einen im Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen.

2.
Für Arbeitgeber ergibt sich im Gegenzug im Zusammenhang mit Verhandlungen mit Arbeitnehmern über deren Ausscheiden eine „Verhandlungsmasse“ durch die Zusage einer gesetzlich nicht geschuldeten Abschlussklausel in einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer.

Dr. Ralf Baur
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein