Von: Jasmin Bäumle-Piscopiello 13. November 2022

Die Entscheidung:

Das Landgericht Aachen hatte sich jüngst in seiner Entscheidung vom 14.06.2022 (Aktenzeichen: 2 T 51/22) mit der Frage zu befassen, ob die Verhinderung eines Besichtigungstermins durch den Mieter eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann.
Hintergrund war folgender: In der gemieteten Wohnung traten Feuchtigkeit und Schimmelbildung auf. Nachdem der Mieter diesen Mangel bei seinem Vermieter angezeigt hatte, wollte dieser die Wohnung besichtigen, um den Mangel zu begutachten. Der Mieter reagierte im Nachgang auch auf mehrfache Anfragen zur Terminvereinbarung nicht. In der Folge kam deshalb kein Besichtigungstermin zustande. Drei Monate später sprach der Vermieter die Kündigung aus.
Das Landgericht bestätigte in seiner Entscheidung, dass eine grundlos verweigerte Besichtigung den Vermieter zum Ausspruch einer Kündigung berechtigen kann, soweit die Besichtigung auf einem sachlichen Grund basiert. Das Mietverhältnis wurde deshalb durch die Kündigung beendet, der Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verpflichtet.


Auswirkungen auf die Praxis:

Aus dieser Entscheidung wird deutlich, dass ein Mieter unter Umständen verpflichtet sein kann, seinem Vermieter eine Besichtigung der Wohnung zu ermöglichen.
Unabdingbare Voraussetzung für ein Besichtigungsrecht ist jedoch, dass der Vermieter einen konkreten sachlichen Grund für die Besichtigung vorweist. Ein generelles Besichtigungsrecht ohne Anlass besteht nicht.
Worin ein solcher Grund gesehen werden kann, ist je nach Einzelfall zu entscheiden. Mögliche Gründe können Mängel in der Wohnung sein, aber auch beispielsweise ein Eigentümer- oder Mieterwechsel.
Selbstverständlich ist der Vermieter jedoch verpflichtet, die Belange des Mieters angemessen zu berücksichtigen. Auch hier kommt es auf die jeweiligen Umstände an. Grundsätzlich sind etwaige Besichtigungstermine vorher rechtzeitig anzukündigen und die zeitliche Planung des Mieters zu berücksichtigen. Allerdings gibt es auch hiervon Abweichungen, die den Vermieter zu einem sofortigen Betreten der Wohnung berechtigen.
Für den Mieter besteht also grundsätzlich eine Pflicht zur Mitwirkung und Ermöglichung eines Besichtigungstermins.
Kommt er dieser Pflicht nicht ausreichend nach, kann dies einen Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Etwas anderes gilt, wenn der Mieter einen nachvollziehbaren Hinderungsgrund vorweisen kann, etwa wegen beruflicher Unpässlichkeiten oder aus gesundheitlichen Gründen. Ob ein solcher tatsächlich vorliegt, sollte jedoch immer unter Berücksichtigung aller Umstände bewertet werden.


Tipp:

Kommt ein Vermieter mit der Bitte um Vereinbarung eines Besichtigungstermin auf einen Mieter zu, so empfiehlt es sich, zunächst den Grund für die Besichtigung zu erfragen. Handelt es sich hierbei um einen sachlichen Grund und gibt es einen tatsächlichen Anlass zur Besichtigung, so kann der Mieter zur Duldung verpflichtet sein. Ob ein solcher vorliegt, sollte jedoch stets anhand der konkreten Umstände ermittelt werden, um eine Kündigung wegen Verhinderung des Besichtigungstermin zu vermeiden.

Jasmin Bäumle
Rechtsanwältin
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein