Von: Mirco Bunzel 17. November 2022

In einer viel beachteten Entscheidung setzt sich der BGH mit einem Beschluss auseinander, mit dem die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer es geduldet hatte, dass Lieferfahrzeuge regelmäßig in der Feuerwehrzufahrt ihres Grundstücks gehalten hatten.

Die Entscheidung:

Der BGH hat dazu in seinem Urteil vom 28.01.2022 (Aktenzeichen V ZR 106/21) entschieden, dass solche Beschlüsse nicht nur anfechtbar sind, sondern sogar nichtig.

Die Eigentümer können nicht (rechtswirksam) durch Beschluss auf die Einhaltung von Brandschutznormen verzichten. Da auch ein Grundstückseigentümer die Freihaltung der auf seinem privaten Grund befindlichen Feuerwehrzufahrt gewährleisten muss, trifft die gleiche Pflicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Auswirkung auf die Praxis:

Die Entscheidung bringt Licht ins Dunkel bei der Frage, in welchem Falle Beschlüsse nicht nur anfechtbar sind (weil sie gegen den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen), sondern sogar nichtig. Die Unterscheidung ist u.a. deshalb wichtig, weil bloß anfechtbare Beschlüsse bestandskräftig werden, wenn die relativ kurze Monatsfrist zur Einlegung einer Anfechtungsklage abgelaufen ist. Darüber hinaus sind auch fristgerecht angefochtene Beschlüsse so lange gültig, bis sie vom Gericht rechtskräftig für ungültig erklärt werden. Bei nichtigen Beschlüssen läuft dagegen keine Frist zur Einlegung einer Anfechtungsklage. Außerdem entfalten nichtige Beschlüsse von Anfang an keine Rechtswirkung und müssen/dürfen nicht umgesetzt werden.

Tipp:

Bei der juristisch nicht einfach zu klärenden Frage, ob ein Beschluss nur anfechtbar oder sogar nichtig ist, lohnt es sich auf jeden Fall, kurzfristig Rechtsrat einzuholen und vorsorglich innerhalb der kurzen Anfechtungsfrist (ein Monat ab Beschlussverkündung) Klage einzureichen.

Die kurze Anfechtungsfrist wird dagegen nicht dadurch gewahrt, dass man etwa „Widerspruch“ beim Verwalter gegen den betroffenen Beschluss einlegt oder andere außergerichtliche Versuche unternimmt, den Beschluss rückgängig zu machen.

Bei Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit von Beschlüssen ist kurzfristiges Handeln erforderlich.
Ein Gerichtsverfahren ist in diesen Fällen häufig unvermeidbar.

Mirco Bunzel
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Gaßmann & Seidel PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein