Die Entscheidung:
In Zwei-Personen-GmbHs kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den Gesellschaftern, insbesondere wenn dabei der Geschäftsführerposten betroffen ist. Wird ein Gesellschafter-Geschäftsführer – häufig aus wichtigem Grund – abberufen, stellt sich die Frage, wie schnell und effektiv die Gesellschaft sich vor unbefugter weiterer Geschäftsführung schützen kann. Das OLG München hat mit einem aktuellen Urteil vom 25.05.2023 (23 W 354/23e) klargestellt, dass gegen einen abberufenen Geschäftsführer in einer Zwei-Personen-GmbH im Wege der sog. „actio pro socio“ – also durch eine Gesellschafterklage im eigenen Namen, aber für die Gesellschaft – eine einstweilige Verfügung sowohl auf Tätigkeitsverbot als auch auf Betretungsverbot erwirkt werden kann. Entscheidend ist, dass ein wichtiger Abberufungsgrund glaubhaft gemacht wird und der Abberufungsbeschluss wirksam gefasst wurde.
Hintergrund:
Im entschiedenen Fall stritten zwei Gesellschafter einer GmbH – einer davon zugleich Geschäftsführer – über mehrere nicht ordnungsgemäß dokumentierte Kassiervorgänge. Die Mehrheitsgesellschafterin sah darin eine schwerwiegende Pflichtverletzung, berief den Geschäftsführer in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung mit sofortiger Wirkung ab und sprach zugleich ein Hausverbot aus. Der abberufene Geschäftsführer ignorierte beides und führte seine Tätigkeit in den Geschäftsräumen fort, wodurch die Gesellschaft praktisch handlungsunfähig wurde. Das OLG München entschied, dass in einer Zwei-Personen-GmbH kein besonderer Vertreter gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG für den Prozess bestellt werden muss. Die Gesellschafterklage im Wege der actio pro socio genügt. Zur Glaubhaftmachung reicht aus, dass schwerwiegende Pflichtverstöße des abberufenen Geschäftsführers substantiiert dargelegt werden. Der Verfügungsgrund ergebe sich bereits daraus, dass der abberufene Geschäftsführer weiterhin als solcher auftritt und aufgrund der Publizitätswirkung des Handelsregisters (§ 15 HGB) nach außen als vertretungsberechtigtes Organ der GmbH erscheint.
Bedeutung für die Praxis:
Die Entscheidung des OLG München stärkt den einstweiligen Rechtsschutz in der Zwei-Personen-GmbH und ermöglicht es Gesellschaftern, schnell und wirksam gegen unbefugte Handlungen abberufener Geschäftsführer vorzugehen.
Gerade bei eskalierenden Gesellschafterkonflikten kann der Mehrheitsgesellschafter ohne umständliche und zeitaufwändige Vertreterbestellung ein umgehendes gerichtliches Tätigkeits- oder Betretungsverbot durchsetzen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung sind dabei überschaubar: Entscheidend ist, dass ein wichtiger Abberufungsgrund substantiiert dargelegt wird und der zugrunde liegende Beschluss formwirksam zustande kam.
Unsere Kanzlei berät Sie gerne zu den Besonderheiten von Gesellschafterstreitigkeiten, Geschäftsführerabberufungen und einstweiligem Rechtsschutz in der GmbH.
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Dr. Sven Bornefeld
Rechtsanwalt
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Stuttgart


