Die Entscheidung:
Das OLG Celle hat am 01.12.2021 (Az. 14 U 83/21) entschieden, dass der Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Kraftfahrzeuges – welches begutachtet wurde – Reparaturauftrag – sofern es sich um einen Reparaturschaden handelt – erteilen darf, ohne dass zuvor die Reparaturfreigabe des Kfz-Haftpflichtversicherers eingeholt werden muss. Ein Kfz-Haftpflichtversicherer – so das OLG Celle weiter – muss grundsätzlich auch nicht Gelegenheit haben, das beschädigte Fahrzeug besichtigen zu können.
Im entschiedenen Fall begehrte der Geschädigte Nutzungsausfall, weil sein Fahrzeug aufgrund der Unfallfolgen nicht fahrbar war. Er begehrte Nutzungsausfall auch für den Zeitraum, in dem er noch keinen Reparaturauftrag erteilt hatte, stattdessen den Versicherer aufforderte, die Reparatur „frei zu geben“. Das OLG Celle verneinte für diesen Zeitraum eine Nutzungsentschädigung. Der Geschädigte hätte – so das OLG Celle – eine Reparaturfreigabeerklärung nicht einholen müssen. Er hätte sofort Reparaturauftrag erteilen können und – stellt man auf den Nutzungsausfallzeitraum ab – müssen.
Auswirkungen auf die Praxis:
Das Urteil ist zunächst einmal positiv für den Geschädigten. Er selbst darf bei einem Reparaturschaden nach der Begutachtung des Fahrzeuges Reparaturauftrag erteilen, ohne dass er hierzu das Einverständnis des Versicherers benötigt. Andererseits verlangt die Rechtsprechung vom Geschädigten auch ein unverzügliches Agieren. Aus der Möglichkeit ohne das Einverständnis des Versicherers einen Reparaturauftrag zu erteilen, wird – im Hinblick auf den Nutzungsausfall und auch im Hinblick auf die Dauer einer Mietwagennutzung – insoweit eine Verpflichtung. Unterlässt man es unverzüglich einen Reparaturauftrag zu erteilen, während man weiterhin einen Mietwagen nutzt, so kann man für einen gewissen Zeitraum auf den Mietwagenkosten „sitzen bleiben“.
Oftmals liegt zu dem Zeitpunkt, zu dem man eigentlich Reparaturauftrag erteilen könnte, noch kein Anerkenntnis des Kfz-Haftpflichtversicherers vor. Oftmals wollen Versicherer abwarten, bis die Ermittlungsakte vorliegt, die dann jedoch erst Wochen später endgültige Klarheit im Hinblick auf die Vorgehensweise des Versicherers schafft. Insoweit kann ein Reparaturauftrag auch ein Risiko darstellen, weil die Haftungslage und insoweit die Erstattungspflicht des Versicherers ungeklärt ist.
Tipp:
Es empfiehlt sich in einem sehr frühen Stadium – bestenfalls sofort nach dem Unfall – einen Anwalt zu kontaktieren. Dieser muss zunächst einmal den Unfallhergang und insoweit die Haftungsfrage klären. Es muss entschieden werden, ob ein Gutachten (welches durchaus auch erhebliche Kosten verursachen kann) in Auftrag gegeben wird. Er muss prüfen, inwieweit Risiken auch im Hinblick auf einen Mietwagen bestehen. Bei einer Haftung des Kfz-Haftpflichtversicherers werden die Anwaltskosten in vollem Umfang vom Kfz-Haftpflichtversicherer erstattet.
Peter Walter
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungs- und Verkehrsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart