Von: Miriam Jordan 13. Juni 2023

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 19.07.2022 – L 9 BA 4231/18) hat im Fall eines für die Durchführung einzelner Veranstaltungen als Kameramann und Videotechniker beauftragten Medientechnikers entschieden, dass dieser selbständig tätig und dementsprechend nicht versicherungspflichtig ist.

Hintergrund ist, dass ein Unternehmer, der Medientechnik für Veranstaltungen bereitstellt, einen Medientechniker zur Erfüllung seiner Aufträge gegenüber einzelnen Veranstaltern mit der Erstellung von Videoproduktionen beauftragte. Bedingung war dabei stets die vorherige Absprache mit den jeweiligen Veranstaltern und die Berücksichtigung derer veranstaltungsorganisatorischer Vorgaben auch durch den Medientechniker.

Aus welchen Gründen nimmt das LSG eine selbständige Tätigkeit an?

Nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg würden in der zur sozialversicherungsrechtlichen Statusabgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit erforderlichen Gesamtbetrachtung diejenigen Aspekte, die gegen eine abhängige Beschäftigung des Medientechnikers und für dessen selbständige Tätigkeit sprechen, überwiegen.

Erstens sei der Medientechniker bei der Erfüllung seiner Aufträge nicht in den Betrieb seines Auftraggebers eingegliedert gewesen, da er mit der Erstellung einzelner Videoproduktionen klar abgrenzbare Teile der jeweiligen Gesamtaufträge des Unternehmers gegenüber den Veranstaltern eigenverantwortlich erfüllt habe.

Zweitens habe der Unternehmer dem Medientechniker keine Weisungen im arbeitgeberrechtlichen Sinne erteilt. Denn mangels entsprechenden Know-hows des Unternehmers lag die Kameraführung allein in der fachlichen Kompetenz des Medientechnikers; bei den Videoproduktionen zeichnete er die Veranstaltungen also nicht nur technisch auf, sondern führte selbst Bild- und Tonregie. Insbesondere seien die auch vom Medientechniker zu befolgenden Vorgaben seitens der Veranstalter keine arbeitgebertypischen Weisungen, sondern zur Gewährleistung eines reibungslosen Veranstaltungsablaufs erforderlich.

Drittens habe der Medientechniker ein entscheidend für eine selbständige Tätigkeit streitendes Unternehmerrisiko getragen, da er die seine Tätigkeit erfordernde umfangreiche Ausrüstung (Notebook, Kamera, etc.) selbst anschaffte sowie Kosten für Softwarelizenzen und Betriebshaftpflichtversicherung selbst trug – also typische unternehmerische Investitionen tätigte.

Auswirkungen auf die Praxis:

Wer für einen Unternehmer zur Erfüllung von dessen Gesamtauftrag gegenüber einem Dritten – wie hier den jeweiligen Veranstaltern – tätig wird und dabei Vorgaben des Dritten genauso zu beachten hat, wie der Auftraggeber, ist nicht zwangsläufig in dessen Betrieb eingegliedert und weisungsgebunden. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalles.

Miriam Jordan
Rechtsanwältin
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein