Das Landgericht Hannover hatte sich zu Beginn des Jahres 2023 mit der Frage zu beschäftigen, ob ein gewerbliches Mietverhältnis über eine Arztpraxis wirksam vom Vermieter gekündigt werden konnte, nachdem sich der Vermieter auf einen Schriftformmangel eines Nachtrages berief (LG Hannover, Urteil vom 10.02.2023, Az. 5 O 193/21).
Hintergrund:
Die Kündigung und damit die Entscheidung des Gerichts beruhte auf der Frage, ob hinsichtlich des Mietvertrages ein Schriftformmangel vorliegt. Mietverträge, die für länger als ein Jahr geschlossen werden, bedürfen ausweislich § 550 BGB der Schriftform. Insbesondere für gewerbliche Mietverträge, welche besonders oft die Vereinbarung einer Festlaufzeit beinhalten, ist diese Regelung von Bedeutung. Zwar führt ein Schriftformverstoß nicht zur Nichtigkeit des Mietvertrages, jedoch dazu, dass das Mietverhältnis auf „unbestimmte Zeit“ geschlossen wird. Somit wird die ursprünglich vereinbarte Mietdauer – welches oftmals einen Zeitraum von mehreren Jahren umfasst – irrelevant. Tatsächlich kann ein solches Mietverhältnis dann von beiden Parteien unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 580a BGB ordentlich gekündigt werden, unabhängig von den vertraglichen Regelungen zur Mietzeit.
Entscheidung des Landgerichts:
Im vorliegenden Fall wurde hinsichtlich des Mietvertrages die Schriftform eingehalten. Allerdings vereinbarten die Parteien im Verlaufe des Mietverhältnisses eine Erweiterung der Flächen und damit eine Anpassung der Miethöhe. Den Nachtrag, der diese Änderungen beinhaltete, unterzeichnete nur der Vermieter, nicht aber der Mieter.
Der Vermieter berief sich auf das Fehlen der Unterschrift des Mieters und kündigte das Mietverhältnis ordentlich entsprechend den gesetzlichen Fristen des § 580a BGB.
Das Gericht entschied, dass die fehlende Unterschrift des Mieters auf der Nachtragsvereinbarung einen Schriftformmangel darstellt, was sich auch auf den ursprünglichen Mietvertrag auswirkte. Auch dieser, ursprünglich formwirksam geschlossene Vertrag, entsprach nun nicht mehr der einzuhaltenden Schriftform. Die Konsequenz: Das Mietverhältnis konnte wirksam gekündigt werden. Der Mieter war mithin zur Räumung der Arztpraxis verpflichtet.
Bedeutung für die Praxis:
Dieses Beispiel verdeutlicht die Bedeutung der Einhaltung der Schriftform insbesondere bei gewerblichen Mietverhältnissen. Um rechtliche Risiken zu vermeiden ist es essenziell, die Verträge sowie etwaige Vertragsänderungen schriftlich festzuhalten und von allen Parteien unterzeichnen zu lassen.
Andernfalls können schwerwiegende rechtliche Konsequenzen eintreten, wie im vorliegenden Fall, in dem trotz zuvor vereinbarter fester Mietlaufzeit eine fehlende Unterschrift zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses führte.
Jasmin Bäumle
Rechtsanwältin
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart