Von: Mirco Bunzel 2. Mai 2022

Die Entscheidung:

Einzelne Wohnungseigentümer können nach der WEG-Reform nicht mehr von anderen Eigentümern oder deren Mietern die Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums verlangen. Derartige Unterlassungsansprüche können nur noch von der Wohnungseigentümergemeinschaft (also dem Verband der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) geltend gemacht werden.

Dies hat der BGH mit Urteil vom 28.01.2022 (Aktenzeichen V ZR 86/21) entschieden.

Auf dieser Grundlage wies er eine Klage einer Eigentümerin gegen ihre Nachbarin im Erdgeschoss ab, die ihren Keller zu Wohnzwecken ausgebaut und mit ihrer Wohnung verbunden hatte. Die Klägerin hatte geklagt auf Auskunft über den Ausbau, Zutritt zur Begutachtung durch einen Sachverständigen, Rückbau des Deckendurchbruchs sowie Unterlassung der Nutzung der Kellerräume als Wohnung.

Der BGH entschied, dass der Klägerin die Prozessführungsbefugnis für diese Klage fehle und hielt die Entscheidung der Vorinstanz aufrecht (Landgericht Frankfurt am Main).

Er stellt damit die Rechtslage seit der ab dem 01.12.2020 geltenden Reform klar. Die Entscheidung kommt nicht überraschend und stellt eine Bestätigung des Urteils vom 16.07.2021 (Aktenzeichen
V ZR 284/19) dar.

Auswirkungen auf die Praxis:

Vor der Reform war es möglich gewesen, ohne die Mitwirkung anderer Eigentümer oder der Gemeinschaft gegen störende Miteigentümer oder deren Mieter vorzugehen, wenn diese das Gemeinschaftseigentum zweckwidrig nutzten. Die Gemeinschaft konnte aber solche Ansprüche „vergemeinschaften“, also per Beschluss an sich ziehen. Mit so einem Beschluss verlor der Eigentümer dann seine Prozessführungsbefugnis.

Die Reform hat dieses Prinzip nun umgekehrt: Unterlassungsansprüche, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, sind nun in erster Linie Sache der Gemeinschaft.
Einzelne Eigentümer können deshalb grundsätzlich nicht mehr Störungen in diesem Bereich alleine geltend machen. Ihnen fehlt die Prozessführungsbefugnis. Stattdessen müssen sie sich an die Gemeinschaft halten und veranlassen, dass diese sich um solche Störungen kümmert.

Tipp:

Dennoch ist es in bestimmten Bereichen nach wie vor möglich, auch ohne die Gemeinschaft gegen Störungen vorzugehen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Störungen unmittelbar (auch) das Sondereigentum betreffen.

Aber auch wenn ausschließlich Gemeinschaftseigentum betroffen ist, muss es nicht dabei bleiben, dass nur die Gemeinschaft dagegen vorgehen kann und die Sache dort womöglich im Sande verläuft.

Gern beraten wir Sie in solchen Fällen dazu, wie Sie mit der Situation umgehen und welche Möglichkeiten es gibt, die Störungsabwehr zu verlagern.

Mirco Bunzel
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein