Von: Peter Walter 19. Dezember 2024

Der Fall:
Ein junger Mann litt an einer Angststörung und an Depressionen. Er wollte sein Leben beenden und sprang aus dem Fenster. Er brach sich beide Beine sowie die Wirbelsäule. Er machte nunmehr Invaliditätsansprüche gegen seinen privaten Unfallversicherer geltend. Dieser wandte ein, es läge kein Unfall vor. Schließlich sei der junge Mann ja freiwillig gesprungen, während ein Unfall die Unfreiwilligkeit voraussetzt. Der junge Mann entgegnete, dass er aufgrund seiner psychischen Erkrankung einem Zwang unterlegen war und nicht frei habe handeln können.

Die Entscheidung:
Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 16.05.2024 (12 U 175/23) entschieden, dass wohl von einem Unfall auszugehen ist. Aufgrund des krankheitsbedingten Zustandes könne nicht von einer freiwilligen Handlung des jungen Mannes ausgegangen werden.

Aber!

Die Klage des jungen Mannes wurde dennoch abgewiesen. Denn nach dem Versicherungsvertrag sind Unfälle, „durch Geistes-oder Bewusstseinsstörungen“ vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe greift dieser Ausschluss auch für Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen.

Praxisrelevanz?
Man könnte meinen, die Beurteilung, ob ein versicherter Unfall vorliegt, sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Meist ist das auch der Fall. Nicht selten wird darüber aber auch (gerichtlich) gestritten. Dabei gibt es gewisse „Leitplanken“, die das Gesetz, der Vertrag und die Rechtsprechung vorgeben.

Dennoch hängt viel vom konkreten Einzelfall ab. Sowohl im Hinblick auf das im Streit stehende potentielle Unfallereignis als auch bezüglich der konkreten vertraglichen Regelungen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer. Sollte ein Versicherer ein Unfallereignis verneinen, ist anwaltlicher Rat unerlässlich.

Peter Walter
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Versicherungs- und Verkehrsrecht

Kategorie: Allgemein