Von: Dr. Ralf Baur 7. Oktober 2024

Die Entscheidung:

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 16.04.2024 -9 AZR 165/23 klargestellt, dass die Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers gem. § 17 Abs. 1 S. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur während des laufenden Arbeitsverhältnisses besteht und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr ausgeübt werden kann.

    In dem entschiedenen Fall hatte die Arbeitnehmerin nach Mutterschutz mit anschließender Elternzeit in den Jahren 2015 – 2020 das Arbeitsverhältnis selbst zum Ablauf der Elternzeit am 25.11.2020 gekündigt.

    Mit Schreiben vom 15.03.2021 hat die Arbeitnehmerin dann den Arbeitgeber zur finanziellen Abgeltung von Resturlaub von insgesamt 146 Arbeitstagen aus den Jahren 2015-2020 aufgefordert. Der Arbeitgeber hat daraufhin die Kürzung des Erholungsurlaubs nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG erklärt, wonach der Arbeitgeber Urlaubsansprüche während Elternzeit für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen kann. Mit diesem Argument hat der Arbeitgeber dann die finanzielle Abgeltung der Urlaubsansprüche abgelehnt und keine Zahlungen geleistet.

    Das BAG hat den Arbeitgeber jedoch dazu verurteilt, der Arbeitnehmerin die Urlaubsabgeltung zu bezahlen.

    Hintergrund:

      Nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass auch während der Elternzeit Urlaubsansprüche grundsätzlich entstehen und es einer ausdrücklichen Kürzungserklärung durch den Arbeitgeber bedarf.

      Da die gesetzliche Regelung jedoch lediglich vom Urlaub und nicht von Urlaubsabgeltung spricht, kann die Kürzungserklärung nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden, da der Urlaubsanspruch dann nicht mehr besteht und durch einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung ersetzt worden ist, der vom Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften zur Urlaubskürzung nicht erfasst ist.

      Praxis-Hinweis:

        Arbeitgeber sind gut beraten, die Kürzungserklärung gleich abzugeben, sobald ein Antrag auf Elternzeit gestellt bzw. die Elternzeit begonnen hat. Der Arbeitgeber muss die Kürzungserklärung auf jeden Fall spätestens vor Ablauf der Kündigungsfrist eines gekündigten Arbeitsverhältnisses abgeben.

        Mitarbeitende dagegen sollten immer darauf achten, dass auch während des Mutterschutzes und der Elternzeit, obwohl dort nicht gearbeitet wird, Urlaubsansprüche entstehen, die grundsätzlich im Anschluss danach als Freizeit genommen werden können oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses finanziell abzugelten sind.

        Dr. Ralf Baur
        Rechtsanwalt
        Fachanwalt für Arbeitsrecht
        Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

        Kategorie: Allgemein