Von: Peter Walter 16. März 2022

Einführung:

Private Krankenversicherer erhöhen regelmäßig ihre Beiträge. Dabei müssen Gründe für die Beitragserhöhung vorliegen und genannt werden. Hier haben die privaten Krankenversicherer in der Vergangenheit Fehler gemacht. Zahlreiche Beitragserhöhungen sind daher unwirksam. Der Versicherungsnehmer, der die höheren Beiträge bezahlte, hat Rückforderungsansprüche.

Problemstellung:

Viele unwirksame Beitragserhöhungen liegen schon sehr viele Jahre zurück. Es stellt sich die Frage, für welchen zurückliegenden Zeitraum Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden können. Es gibt zum einen eine Verjährungsfrist von 10 Jahren, die unabhängig davon läuft, ob man Kenntnis davon hat, dass die Beitragserhöhung unwirksam ist oder nicht. Es gibt darüber hinaus auch eine deutlich kürzere Verjährungsfrist von 3 Jahren, die dann läuft, wenn man Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt hat.  

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr am 17.11.2021 entschieden (IV. ZR 113/20), dass der Lauf der Verjährungsfrist mit dem Zugang der Mitteilung über die Beitragserhöhung in Gang gesetzt wird. Es gilt von diesem Augenblick an – so der Bundesgerichtshof – die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, die am 01. Januar des Folgejahres, der auf die Mitteilung folgt, zu laufen beginnt. Es ist ausreichend – so der Bundesgerichtshof – dass der Versicherungsnehmer Kenntnis über die den Anspruch begründenden Umstände hat. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherungsnehmer aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Auch wenn der Versicherungsnehmer mit Zugang des Schreibens nicht weiß, dass die Prämienerhöhung unwirksam ist, wird insoweit von einer Kenntnis ausgegangen. Der Bundesgerichtshof führt darüber hinaus aus, dass ausnahmsweise die Rechtsunkenntnis des Versicherungsnehmers den Verjährungsbeginn hinausschieben könnte, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einschätzen vermag. Die Frage, wann eine Prämienerhöhung unwirksam ist, war im Detail lange Zeit höchstrichterlich ungeklärt. Im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wurde eine solche unsichere Rechtslage jedoch verneint, weil der Versicherungsnehmer seine Ansprüche ja letztlich vor einer höchstrichterlichen Entscheidung bereits geltend gemacht hat und insoweit zu erkennen gab, dass er vom Bestehen seines Anspruchs ausgeht.

Auswirkungen auf die Praxis:

Zum einen ist jedem Versicherungsnehmer, der privat krankenversichert ist, zu raten, dass er die jeweiligen Schreiben, in denen die Prämien erhöht wurden, prüfen lässt. Es ist dem Versicherungsnehmer zu raten, dass dies zeitnah geschieht, damit Ansprüche nicht verjähren. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob – trotz der oben wiedergegebenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs – rückwirkend 10 Jahre (und nicht nur 3) geltend gemacht werden können, wenn mitunter die Ausgangslage nicht identisch mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall identisch ist, z. B. weil der Versicherungsnehmer auf die höchstrichterliche Klärung gewartet hat und nun erst seinen Rückerstattungsanspruch geltend macht.

Peter Walter
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Versicherungs- und Verkehrsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein