Von: Mirco Bunzel 5. August 2022

Die Entscheidung:

Der BGH hat sich in einer neuen Entscheidung vom 25.02.2022 (Aktenzeichen V ZR 65/21) erneut zu den Voraussetzungen einer erzwungenen Abberufung des Verwalters geäußert. Er bestätigt dabei seine bisherige Linie, nach der ein einzelner Eigentümer dann Anspruch auf Abberufung des Verwalters (gegen die Mehrheit der anderen Eigentümer, die den Verwalter stützt) haben kann, wenn nur die Abberufung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, wenn also das Festhalten der Eigentümer am Verwalter trotz schwerwiegender Pflichtverletzungen eine unvertretbare Entscheidung darstellt. Ob ein solcher Abberufungsanspruch gegeben ist, muss das Gericht in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und aller gegen den Verwalter erhobenen Vorwürfe prüfen.

In der neuen Entscheidung betont der BGH, dass sich diese Prüfung auch auf länger zurückliegende Geschehnisse beziehen kann und es keine allgemein gültige zeitliche Grenze gibt, ab der Pflichtverletzungen des Verwalters unbeachtlich sind.

Auswirkungen auf die Praxis:

Die Entscheidung arbeitet einmal mehr heraus, unter welchen Voraussetzungen ein einzelner Eigentümer gegen den Willen der Mehrheit Anspruch darauf hat, dass sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vom Verwalter trennt. Viele diesbezügliche Grundsätze hat der BGH in den letzten Jahren bereits aufgestellt. Die neue Entscheidung bezieht sich auf den Aspekt, welche Zeiträume für die Beurteilung möglicher Pflichtverletzungen des Verwalters maßgeblich sind. Der BGH betont, dass es zu den Umständen des Einzelfalls gehört, mit welchem Gewicht Pflichtverletzungen des Verwalters berücksichtigt werden, aber auch, dass es sich einer allgemeinen Betrachtung entzieht, wie lange die zu berücksichtigenden Pflichtverletzungen zurückliegen dürfen.

Es bleibt deshalb dabei, dass diesbezügliche Gerichtsverfahren in der Regel sehr aufwendig bleiben, da der Eigentümer üblicherweise sämtliche (potenzielle) Pflichtverletzungen der Verwaltung der letzten Zeit darlegen und beweisen muss, inklusive der damit verbundenen negativen Folgen für die Gemeinschaft. Dies führt dazu, dass entsprechende Verfahren in der Regel (auf beiden Seiten) mit einem sehr hohen zeitlichen Aufwand geführt werden müssen, um sie erfolgversprechend zu gestalten.

Tipp:

Für den Eigentümer, der mit der Arbeit des Verwalters unzufrieden ist, empfiehlt sich in der Regel eine andere Vorgehensweise als ein umfangreiches Gerichtsverfahren zur Abberufung. Erfolgversprechender ist es in der Regel, (eine Mehrheit der) Miteigentümer davon zu überzeugen, den Verwalter zu wechseln. Nach der neuen gesetzlichen Regelung (§ 26 Abs.3 S.1 WEG) kann die Gemeinschaft auch ohne besondere Gründe den Verwalter jederzeit abberufen. Dabei ist geregelt, dass in solchen Fällen der Vertrag mit dem Verwalter spätestens 6 Monate nach der Abberufung endet. Im Gegensatz zu früher muss die Gemeinschaft also nicht befürchten, dass trotz einer sofortigen Abberufung des Verwalters dieser dennoch über einen langen Zeitraum weiter bezahlt werden muss (zusätzlich zu dem Verwaltergebühren, die durch den neuen Verwalter entstehen).

Sollte ein Eigentümer mit seinen Bemühungen bei den übrigen Eigentümern scheitern und doch eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden müssen, sollten mögliche Pflichtverletzungen unbedingt im Vorfeld aufgearbeitet werden. Sie sollten darauf untersucht werden, welches Gewicht die Vorwürfe haben,  wie sie dargelegt und bewiesen werden können und welche negativen Folgen sich für die Gemeinschaft (oder einzelne Eigentümer) daraus ergeben haben. Auch in zeitlicher Hinsicht kann es Sinn ergeben, alsbald einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, diese Prüfung durchzuführen. Es kann im Einzelfall nämlich durchaus passieren, dass bei längerem Zuwarten Vorwürfe gegen den Verwalter entkräftet werden oder gänzlich unberücksichtigt bleiben.

Mirco Bunzel
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein