Von: Mirco Bunzel 2. Februar 2023

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat am 10.12.2021 – Aktenzeichen V ZR 32/21 – zu einer in der Praxis sehr relevanten Frage Stellung genommen, nämlich zur Höhe der Haftung des Verwalters, wenn dieser Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eigenmächtig (abweichend von der Beschlussfassung) durchführen lässt.

Im konkreten Fall ging es darum, dass die Gemeinschaft beschlossen hatte, das ortsansässige Traditionsunternehmen zu beauftragen, Erhaltungsarbeiten an der Eingangstür und der Briefkastenanlage für 40.000,00 € vorzunehmen. Stattdessen vergab der Verwalter dagegen die Arbeiten an eine kürzlich gegründete, unbekannte und haftungsbeschränkte UG, die die Leistung für knapp 36.000,00 € angeboten hatte.

Die UG führte die Arbeiten in der Folge zwar aus, geriet jedoch in Insolvenz und wurde aufgelöst.

Die Gemeinschaft ging nun gegen den Verwalter vor, der die Rechnung der UG aus dem Gemeinschaftsvermögen bezahlt hatte. Sie verlangte die Rückzahlung aller Beträge, die der Verwalter ohne Beschluss an die UG bezahlt hatte, also knapp 36.000 €.

Abweichend von den Vorinstanzen hat der BGH dazu entschieden, dass der Verwalter gegen diesen (dem Grunde nach bestehenden Anspruch) aufrechnen könne, und zwar mit einem Erstattungsanspruch in Höhe der ersparten Aufwendungen der Gemeinschaft.
Dieser Erstattungsanspruch könne jedoch – nach den Umständen des Einzelfalls – um bis zu 20 % zu kürzen sein.

Die Gemeinschaft hat also grundsätzlich einen Anspruch gegen den Verwalter darauf, dass dieser an Dritte ausgezahlte Beträge, die nicht von einer Beschlussfassung gedeckt sind, an die Gemeinschaft zurückerstattet. Der Verwalter kann gegen diesen Anspruch aber aufrechnen. Es kann aber sein, dass der Verwalter nicht vollständig aufrechnen kann, sondern seine Erstattungsansprüche um bis zu 20 % gekürzt werden.

Auswirkung auf die Praxis:

Die Entscheidung regelt ein gängiges Problem in der Praxis, auch über den ursprünglich entschiedenen Fall hinaus.

Es ist nicht unüblich, dass Verwalter entgegen der Beschlussfassung oder sogar ganz ohne Beschlussfassung Aufträge an Dienstleister oder Handwerker vergeben. Hierfür kann es gute Gründe geben, etwa wenn es sich um dringende Maßnahmen handelt und das von der Gemeinschaft ausgewählte Unternehmen kurzfristig abgesagt hat.

Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass es grundsätzlich unzulässig ist, Instandsetzungsarbeiten ohne oder abweichend von der Beschlussfassung der Gemeinschaft zu vergeben.

Tipp:

Dem Verwalter ist dringend zu raten, immer eine Beschlussfassung zur Auftragsvergabe einzuholen und sich an die gefassten Beschlüsse der Gemeinschaft zu halten. Andernfalls droht ein erfolgreicher Schadensersatzprozess der Gemeinschaft, gegen den der Verwalter zwar mit der Werterhöhung des Gemeinschaftseigentums aufrechnen kann. Ob diese Aufrechnung aber gerichtlich anerkannt wird oder eine Differenz verbleibt (also ein Schaden, den der Verwalter der Gemeinschaft dann erstatten muss), wird im Einzelfall näher aufzuklären sein.

Mirco Bunzel
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart

Kategorie: Allgemein