Von: Peter Walter 9. Mai 2023

Die sogenannte Rürup-Rente ist eine weitverbreitete steuerlich begünstigte Form der privaten Altersvorsorge. Sie empfiehlt sich in der Regel für Personen, die über ein hohes steuerpflichtiges Einkommen verfügen, insbesondere für Selbstständige. Sie hat nicht nur Vorteile, sondern unterscheidet sich von „normalen“ Lebensversicherungen auch dahingehend, dass kein Rückkaufswert ausbezahlt wird.

Das heißt:

Wenn man den Vertrag nicht fortsetzen möchte, erhält man nicht den Wert der Versicherung ausbezahlt. Möglich ist lediglich eine Beitragsfreistellung. Zum Teil mit anschließender Möglichkeit die Beitragszahlungen wieder aufzunehmen. Diese Möglichkeit besteht zeitlich befristet. Viele Versicherungsnehmer, die einen solchen Vertrag abschließen, wissen das nicht.

Sie wurden in vielen Fällen vom Versicherungsvertreter des Versicherers bei Vertragsschluss darüber auch nicht informiert. Viele Obergerichte (OLG Saarbrücken, OLG Karlsruhe und nunmehr auch das OLG Stuttgart in einer von mir erstrittenen Entscheidung) haben entschieden, dass ein Versicherungsvertreter des Versicherers bei Vertragsschluss den Versicherungsnehmer ungefragt über diesen Nachteil des Produktes informieren muss. Diese Information muss der Versicherungsnehmer also auch dann erhalten, wenn er dem Versicherungsvertreter nicht signalisiert, dass eine vorzeitige Beendigung des Vertrages bei ihm aus verschiedenen Gründen ggf. in Betracht kommen könnte oder dass es ihm aus welchem Grund auch immer wichtig ist, kurzfristig auf Geld zurückgreifen zu können. Begründet wird dies von den Obergerichten damit, dass es sich um eine Ausnahmeregelung handelt, über die der Kunde (aufgrund der Möglichkeit der Auszahlung eines Rückkaufwertes bei anderen Lebensversicherungen) informiert werden muss.

Was passiert nunmehr, wenn der Versicherungsvertreter behauptet, er habe den Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss über diesen Nachteil informiert?

Hier ist zunächst auf das Beratungsprotokoll zurückzugreifen. Wenn im Beratungsprotokoll hierzu nichts vermerkt ist, kommt es zu einer Beweislastumkehr. Nunmehr muss der Versicherungsvertreter bzw. der Versicherer beweisen, dass er über diesen Nachteil des Produktes informiert hat. Da der Versicherungsvertreter in der Regel den Versicherungsnehmer alleine aufsucht, wird dieser Beweis schwerlich zu führen sein. Der Versicherungsnehmer muss darlegen, dass er bei einer vollständigen Beratung den Vertrag nicht geschlossen hätte. Der Versicherungsvertreter / der Versicherer muss dann nach der obergerichtlichen Rechtsprechung beweisen, dass der Versicherungsnehmer den Vertrag trotzdem geschlossen hätte.

Was ist die Rechtsfolge?

Die unterlassene Belehrung stellt eine Pflichtverletzung dar, die zur Rückabwicklung des Vertrages führt. Die Versicherungsprämien müssen rückerstattet werden. Allerdings entfallen die bisherigen steuerlichen Vorteile des Versicherungsnehmers. In der Regel wird das Finanzamt insoweit vorstellig.

Der fehlende Rückkaufswert ist nicht der einzige Nachteil, der zur Rückabwicklung des Vertrages führen kann. Für viele Personengruppen stellt die sogenannte Rürup-Rente ein ungeeignetes Produkt dar. Die steuerrechtlichen Vorteile in der Phase, in der man Prämien bezahlt wiegen die zahlreichen Nachteile nicht auf. Insbesondere für normalverdienende Angestellte lohnt sich in der Regel das Produkt nicht. Auch insoweit steht ggf. ein Beratungsverschulden im Raum, welches zur Rückabwicklung des Vertrages führen kann.

Peter Walter
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Versicherungs- und Verkehrsrecht

Kategorie: Allgemein